Seen und Weiher

Seen und Weiher prägen in besonderer Weise die Allgäulandschaft. Vor allem die Seen haben eine sehr lange Geschichte. Nach dem Schmelzen des Gletschereises blieb in zahllosen Senken und Mulden das Schmelzwasser stehen; die Urseen, der Badsee, der Argensee und die Kißlegger Seen sind Reste dieser uralten Naturereignisse. Die meisten Seen verlandeten jedoch und entwickelten sich so allmählich zu Nieder- oder Hochmooren (s. anderer Artikel). Addiert man alle Seen, Weiher und Moore des Allgäus, kann man sich eine ungefähre Vorstellung des ehemaligen Seenreichtums unserer Gegend machen.

Die früheste Art, Moore zu nutzen, war die Anlage eines Weihers: Ein Damm an der günstigsten Stelle staute das Wasser, am Stempfel (oder Strempfel) konnte man je nach Bedarf das Wasser ablassen. So fanden also viele seit der Eiszeit verlandete Seen ihre Fortsetzung als Weiher.

Die ältesten Weiher unserer Gegend dürften im Zusammenhang mit den Burgen entstanden sein, also seit dem 10. oder 11. Jahrhundert. Manche Burgenbauer umgaben nämlich ihre Burgen mit einem schützenden Weiher. Bald bauten die Burgherren in der Nähe ihrer Burgen Mühlen zur Selbstversorgung, aber auch als „Dienstleistungsbetriebe“ für die Untertanen. Auch legten sie Fischweiher an, denn die Fischzucht war ein bedeutender Erwerbszweig. Im Klinglerweiher fischte man im 18. Jh. 2300 Karpfen, im Oberen Vallerayer Weiher 3000, im Unteren Vallerayer Weiher 2000.

Manche Weiher gaben den daneben liegenden Siedlungen ihren Namen, so z.B. Weihers bei Ratzenried und Eisenharz (der Vallerayer Weiher reichte früher bis unterhalb Weihers/Ratzenried; die Streuwiese zeigt dies noch an).

Im Laufe der Zeit entstanden viele weitere Weiher als Staubecken zur Wiesenbewässerung, als Feuerlöschreservoirs, als Waschweiher, als „Fischkalter“ (zur Überwinterung der Fische) und als Viehtränke. Im heutigen Kreis Ravensburg sind auf diese Weise im Laufe der Jahrhunderte nachweislich 2400 Weiher entstanden. Ein eindrucksvolles Beispiel liefert die Wangener Landtafel von 1617, auf der sehr viele Seen und Weiher abgebildet sind. Auch auf der Ratzenrieder Herrschaftskarte von 1760 sieht man noch mehrere Weiher: Klinglerweiher, Oberer und Unterer Schlossweiher, Berger, Vallerayer und Artisbgerer, Dorfweiher samt Fischkalter usw. Einige dieser Weiher existieren nicht mehr.

Seit dem 18. Jahrhundert ließ das Interesse an Fischweihern wegen des nachlassenden Fischkonsums und der fallenden Preise immer mehr nach; besonders im 19. Jh. Man ließ eine ganze Reihe von Weihern auslaufen und nutzte sie als Streuwiesen oder – nach entsprechender Entwässerung – als einmähdige Futterwiesen oder sogar als Anbaufläche für Getreide (z.B. der Bruggweiher bzw. Unterer Schlosweiher, der zeitweise so genutzt wurde). Pauly beklagte schon 1841, dass „sich die Anzahl der Weiher und Seen (im damaligen Oberamt Wangen) von Jahr zu Jahr vermindert, da man mit Kosten, die sich kaum lohnen, Kulturland daraus machen will\.“ Der heute in Ratzenried noch übliche Flurname „Klinglerweiher“ erinnert nur noch durch seinen Damm an den ehemals größten Weiher der Herrschaft und an das größte Feuchtgebiet in Ratzenried. Beim Bergerweiher ist zusätzlich sogar auch noch der Damm abgetragen – nichts mehr deutet auf einen früheren Weiher hin. Andere kleinere Weiher und Tümpel wurden oft ganz einfach mit Bauschutt zugeschüttet.

Viele Weiher wurden dann im Rahmen des ,grünen Plans“ zwischen 1950 und 1960 endgültig trockengelegt. Von den in Ratzenried ursprünglich vorhandenen 40 Weihern und Tümpeln sind heute noch 13 übrig, also ca. 2/3 verschwunden (s. Karte Büchele, Band III, S. 100). Von ursprünglich ca. 90 ha waren 1841 noch ca. 40 ha übrig, heute sind es nur noch 33 ha. Ein ähnliches Bild bietet der Raum Wangen: Von den rund 250 ha offener Wasserfläche vor 200 Jahren sind heute nur noch 60 ha übrig; der Verlust beträgt 75 Prozent.

Die letzten Jahrzehnte haben aber auch noch in anderer Hinsicht die Weiher und Seen bedroht: durch den überhöhten Nährstoffgehalt, verursacht durch Haushaltsabwässer und landwirtschaftliche Düngung. Dadurch bildet sich immer mehr Biomasse, die das Gewässer nicht mehr abbauen kann (1 Gramm Phosphor reicht aus, dass sich 1 kg Algenbiomasse bildet). In den letzten 15 Jahren sind die Seen und Weiher mit so vielen Nährstoffen belastet worden wie in den 10.000 Jahren zuvor. Auf diese Weise werden noch viele andere Weiher von der Karte verschwinden und mit ihnen die Tiere und Pflanzen, die hier einst vorkamen.

Fazit: Von der einstigen Vielzahl der stehenden Gewässer ist nicht mehr viel übrig, und dieser Rest wird durch Schadstoffe bedroht. Dies wäre auch der Fall bei den Siggener Weihern wegen des giftigen Abriebs der Rotorenblätter.