Die im Allgäu zahllosen Moränen und Hügel sind Zeugen unserer Erdgeschichte und typische, malerische Merkmale unserer Landschaft.
Vor ungefähr 70.000 Jahren begann die letzte Eiszeit, die sog. Würmeiszeit. Dabei wurde das Westallgäu über Jahrtausende hinweg allmählich vom Rheingletscher bedeckt. Das Eis schob sich immer weiter vor, walzte über ältere Ablagerungen der Grundmoräne hinweg und formte dabei in Richtung des Vorrückens längliche Hügel, sog. Drumlins. Drumlins treten meist schwarmweise auf, sind fächerförmig und zueinander versetzt angeordnet und bilden große Drumlinfelder, wie man östlich des Bodensees beobachten kann. Auch entstanden Randmoränen, wie z.B. die Siggener Höhe als Ergebnis der Gießbach-Gletscherzunge.
Bei der „Wanderung“ des Gletschers wurden Felsen, Findlinge und Schuttmassen aus Sand und Kies von den Bergen abgehobelt und auf seiner Oberfläche immer weiter transportiert.
Beim allmählichen Vorrücken des Gletschers wurden auch Senken ausgehobelt, in denen sich später – nach der Schmelze – das Wasser in Seen sammelte (u.a. der heutige Bodensee und alle Seen in unserer Umgebung, z.B. Badsee, Kisslegger Seen, Karsee, Argensee).
Vor ca. 20.000 Jahren kam der Gletscher kurz vor (dem heutigen) Leutkirch zum Stillstand. Man kann dies heute noch an der Endmoräne bei Herlazhofen sehen. Das Eis über dem (heutigen) Bodensee war damals bei Bregenz ca. 1000 m hoch und flachte bis zum Gletscherende immer mehr ab. Über dem heutigen Dorf Ratzenried dürfte er noch 100-200 m hoch gewesen sein.
Nun erwärmte sich allmählich das Klima (das gab es also auch früher schon!); die Gletscher begannen zu schmelzen und sich wieder zurückzuziehen. Das Schmelzwasser schoss von der Endmoräne aus in die Leutkircher Heide, spülte sie eben und hinterließ eine Menge von Geröll, Sand und Kies; deshalb ist die Leutkircher Heide ein immenses Sand- und Kiesreservoir. Beim Rückzug des Gletschers wurden Steine, Kies und Sand zu Moränenrücken und Hügeln aufgehäuft. Reste des Schmelzwassers blieben in den ausgehobelten Senken stehen und bildeten kleine und größere Seen (s.o.).
Vor ca. 16.000 Jahren blieb der Gletscher einige Zeit stehen. So entstand z.B. die Moräne im Dorferwald bei Ratzenried, die sich von der Siggener Höhe aus Richtung Norden zieht (auch im Berfaller Hölzle ist ein Rest vorhanden). Deshalb ist diese Moräne sozusagen ein „Archiv“ der Eiszeit. Auch der Galgenberg stammt aus einem der Rückzugsstadien des Gletschers.
Vor ca. 15.000 Jahren kam der Gletscher noch einmal zum Stehen und bildete die Moräne westlich von Ratzenried, die sich von der Siggener Höhe her über Alperts, Knobel, Burgberg bis zur sog. Halde und bis Berg hin zieht. Das Schmelzwasser floss zur Unteren Argen, die damals noch nach Nordwesten floss. Nach weiteren 1000 Jahren bildete sich parallel dazu eine weitere Moräne, deren markanter Punkt das Kögelegg bildet und die dann parallel zur Ratzenried Halde verläuft. Relikte dieser Phase stellen das Toteisloch bei Zimmerberg und auch der Hennenbühl bei Ratzenried sowie der Kreuzberg bei Valleray dar. Vor ungefähr 14.000 Jahren suchte sich die Untere Argen ihren heutigen Weg, und das Schmelzwasser grub bei seinem Weg zur Argen tiefe Tobel ins Gelände (z.B. Richtung Rehmen und bei Eggen). In dieser Phase gab es in Bett der Argen und an den Hängen immer wieder Veränderungen. Außergewöhnlich sind am Weg von Burkarts Richtung Thalerschachen die Hangfaltungen, bei denen der Hang ins Rutschen kam und Wellen bildete
Allmählich entwickelte sich unsere Gegend zur Tundra; Bäume und Pflanzen wuchsen und Tiere hielten Einzug. Der Mensch tauchte vor ca. 10.000 Jahren auf. Die ältesten Funde stammen aus der Mittelsteinzeit (um 8000 vor Chr.), aus der Nähe von Diepoldshofen, den Kisslegger Seen und dem Badsee. Weitere Funde aus der Jungsteinzeit und der Bronzezeit belegen die Anwesenheit des Menschen in unserer Gegend.
Manche eiszeitlichen Hügel bekamen kultische Bedeutung, so z.B. der Hügel bei Valleray. Dort wurden beim Kiesabbau und mehreren archäologischen Grabungen im 19. Jh. Bronzebeile als Grabbeigaben aus der Zeit um 1500 v.Chr. sowie Hinweise für Urnenbestattung gefunden. Die Vermutung von einem kultischen Hügel wird noch dadurch bestärkt, dass man hier das einzige keltische Sonnenrad des Allgäus fand; dieses Kultobjekt weist auf den keltischen Gott Taranis hin, dessen Symbol das Rad war.
In ca. 500 m Entfernung, am Ortsausgang von Ratzenried befindet sich der sog. „Hennenbühl“. Auch hier könnte es sich um einen kultischen Berg oder einen Grabhügel handeln, denn das Wort Hennen kommt nicht von Hühnern, sondern von Hünen. Frühgeschichtliche Gräber werden auch Hünengräber genannt.
Seit dem Mittelalter wurden die Moränen und Hügel als Steinbrüche für Burgen-, Kirchen-, Haus- und Wegebauten benutzt. Auf diese Weise verschwanden sicherlich viele Hügel und Moränen von der Bildfläche.
Dieser Abbau verstärkte sich immer weiter. Beim Kiesabbau stieß man auf der Moräne bei Zimmerberg auf einen riesigen Felsblock, den der Gletscher vor Jahrtausenden hier abgeladen hat. Er ist 4 m lang, 2 m hoch und 3 m breit und wiegt ungefähr 30 Tonnen (s. Foto). Er gibt eine ungefähre Vorstellung der Gletscherkraft, die einen solchen Block kilometerweit transportierte.
Bei der Gier nach Kies wäre der Hügel von Valleray mitsamt den Funden beinahe verschwunden, doch der Kiesabbau ging und geht weiter: Im Jahr 2024 wurde der Hennenbühl, ein Wahrzeichen von Ratzenried und ein ebenmäßig geformter runder Hügel, wegen des Radwegs ein Stück weit zerstört. Statt des keltischen Radgotts wird in der Gegenwart eben dem modernen (Fahr-)Rad-Gott Landschaft „geopfert.“
Besonders radikal ging man mit den Hügeln in Berg um: Die lang gestreckten Hügel südlich von Berg, die dem Hof den Namen gaben, sind durch Kiesabbau in den 60er Jahren des 20. Jhs. fast völlig abgebaut worden, und nur noch einer ist übrig (nordwestlich des Wohngebiets Finkenherd). Während früher unsere Vorfahren auf der Suche nach Kies da und dort nur kleine Wunden in die Natur schlugen und ein Weiler oder Hof jahrzehntelang von einer einzige Kiesgrube profitierte, wurde in Berg innerhalb von 30 Jahren durch anonyme Baufirmen „tabula rasa“ gemacht und ein Stück Allgäulandschaft an anonyme Baufirmen verschleudert.
Ein weiterer Akt der Naturzerstörung droht mit den geplanten Windrädern im Dorfer und Siggener Wald; die dortige Moräne müsste teilweise abgetragen oder durch gewaltige Fundamente durchbohrt werden. Nach dem Klimawandel der Nacheiszeit soll nun angeblich der Klimawandel der Gegenwart aufgehalten werden…..